10. Januar 2024
Der Campus Melaten wächst und wächst: Mitte Dezember zog eine bilinguale Grundschule in das Gebäude des Montessori-Kindergartens auf dem Campus-Boulevard. Rund 50 Kinder werden dort künftig unterrichtet. Wir haben uns mit Margot Wiß, Geschäftsführerin der Vincerola GmbH, über den bilingualen Unterricht, das für Aachen einzigartige Konzept und die langfristigen Ziele für die Grundschule unterhalten.
Frau Wiß, Innerhalb eines kurzen Zeitraumes wurde auf das Gebäude auf dem Campus-Boulevard 60 eine zweite Etage draufgesetzt, in die Mitte Dezember 2023 eine bilinguale Grundschule einzog.
Das ist richtig. Wir haben ein Jahr vorgeplant, der Bau hat rund ein halbes Jahr gedauert. Aktuell gibt es noch kleinere Baustellen im Gebäude, wir sind aber optimistisch, dass Mitte Januar 2024 alle Arbeiten im und am Haus abgeschlossen sein werden und wir einen „Normalzustand“ erreichen.
Was hat Sie dazu motiviert, eine bilinguale Schule auf dem Campus Melaten aufzubauen?
Viele Eltern würden ihre Kinder gerne auf eine bilinguale Grundschule schicken – wenn die Möglichkeit bestehen würde. Für manche Eltern ist es notwendig, dass ihre Kinder eine bilinguale Grundschule besuchen, weil sie aus dem Ausland kommen und die Kinder englischsprachig unterrichtet werden sollen. Wir haben in unserer Kita und der Grundschule einige Kinder, die gebürtig aus Brasilien, Pakistan, Peru oder anderen Ländern stammen. Häufig ist deren Muttersprache oder die Zweitsprache Englisch. Diesen Kindern fällt es schwer, den Inhalten in einsprachigen deutschen Grundschulen zu folgen. Also fahren die Eltern nach Maastricht, Köln oder Neuss, um ihre Kinder dort bilingual oder in Englisch unterrichten zu lassen, weil es in Aachen schlichtweg keine Grundschule mit bilingualem Zweig gab. Das wollten wir ändern.

Hinzu kommt das allgemein stark wachsende Interesse an mehrsprachiger Bildung. Heute weiß man, dass der frühe Erwerb einer zweiten Sprache insgesamt die Entwicklung von Kindern anregt und bereichert. Unser Wunsch ist es, dass die Kinder, die eine bilinguale Kita besucht haben, auch eine bilinguale Grundschule besuchen können, damit die Sprachfähigkeiten, die die Kinder sich in der Kita angeeignet haben, nicht wieder verschwinden. Durch den Aufbau unserer Grundschule können Kinder jetzt von der Kita über unsere Grundschule bis zur weiterführenden Schule bilingual deutsch-englisch unterrichtet werden.

Das Kaiser-Karls-Gymnasium beispielsweise bietet in den Klassen 5 und 6 verstärkten Englischunterricht an, ab der 7. Klasse bilingualen Fachunterricht. Auch ein bilinguales Abitur ist dort möglich. Es gibt in Aachen aber noch weitere Gymnasien mit bilingualen Unterrichtsbereichen.

Schon seit 2012 leiten Sie eine bilinguale Kindertagesstätte auf dem Campus Melaten.
Die Kita besteht aus fünf Gruppen mit insgesamt fast 100 Kindern. In der Kita findet kein Unterricht statt, sondern eine sogenannte „Immersion“, bei der im Gegensatz zu anderen Sprachlern-Methoden auf das strikte Auswendiglernen von Grammatik, Vokabeln und Syntax verzichtet wird. Es ist spannend zu beobachten, wie die Kinder sich gegenseitig Fragen auf Englisch oder Deutsch stellen und in ihrer präferierten Sprache beantworten. Das ist eine Sache, die wir erreichen wollen: Dass eine bilinguale Kommunikationsfähigkeit entsteht.
Aus wie vielen Zügen besteht die Grundschule?
Wir sind eine halbe Grundschule, weil wir zwei Klassen haben: 1-2 und 3-4. Wenn es eines Tages notwendig sein wird, haben wir die Möglichkeit, aus dem jetzigen Ganztagesbereich eine weitere Klasse zu machen. Zunächst sind wir mit rund 50 Schülerinnen und Schülern sowie vier Lehrkräften gestartet.
Wie wird der bilinguale Unterricht gestaltet?
In der Schule sind die Unterrichtssprachen Deutsch und Englisch von zwei Lehrkräften immersiv abgedeckt. Die sogenannte „main language“ einer Unterrichtseinheit richtet sich danach, welche Lehrkraft unterrichtet. In den Klassen ist in der Regel eine Lehrkraft gemeinsam mit einer Assistenz anwesend, so dass meist eine englisch- und eine deutschsprachige Person im Unterricht zugegen ist. Die Kinder sprechen in der aktuellen Unterrichtssprache, bei Bedarf in auch in der „anderen“ Sprache miteinander. Meistens gibt das dominante Kind in der Gruppe den Ton an. Der sprachliche Austausch untereinander funktioniert bei den Kindern aber immer gut.
Welches Konzept verfolgen Sie mit den Vincerola-Einrichtungen?
Grundsätzlich verfolgen wir das Konzept der Montessori-Pädagogik, die mittlerweile über 100 Jahre alt ist. Die Montessori-Pädagogik ist pragmatisch und kinderfreundlich, sie erzieht Kinder nicht nur intellektuell, sondern fördert auch, dass sie mithilfe von Bildern oder Anknüpfungspunkten im Kopf denken. Wir vermitteln bei uns also viele Dinge situativ: Übungen des täglichen Lebens und feinmotorische Übungen, die dazu führen, dass die Kinder Grundtechniken in der Grundschule besser umsetzen können. Unsere Lehrerkräfte, Erzieherinnen und Erzieher bringen viel Geduld mit, weil sie verstärken und bestärken sollen, um bei den Kindern das eigenständige Lernen zu fördern. Der Leitgedanke dabei ist das Montessori-Prinzip „Hilf mir, es selbst zu tun“.
Welche langfristigen Ziele haben Sie für die Grundschule?
Alle Kinder, die in unserer Schule unterrichtet werden, sollen sich lernmotiviert und eifrig weiterbilden und ein gutes Rüstzeug mitkriegen, mit dem ihnen viele Türen geöffnet werden. Zum Beispiel den Kindern, die mit ihren Eltern wieder ins Ausland ziehen und dort bilinguale Schulen besuchen oder Schülerinnen und Schülern, die später im Ausland leben, lernen oder studieren wollen. Auch aus diesem Grund haben wir uns bewusst für die Montessori-Pädagogik entschieden: Damit Kinder nach ihrer Zeit bei uns, egal ob in der Kita oder Grundschule, die Möglichkeit haben, im In- oder Ausland in ein Schulsystem zu wechseln, das sie kennen. Ein festgelegtes pädagogisches Repertoire, mit den Montessori-Materialien und den bilingualen Lerninhalten gibt den Kindern viel Sicherheit. Die Montessori-Pädagogik und die Bilingualität sind somit für uns zwei wichtige Pfeiler.

In der Schule greifen wir zudem viele Aspekte des sogenannten „IB-PYP“, also des „IB-Primary Years Programme“ auf, einem Curriculum für internationale Schulen. Als Ersatzschule integrieren wir diese Ansätze in das reguläre NRW-Curriculum. Wir haben den gleichen Status wie eine staatliche Schule, unterliegen der Schulaufsicht und werden teilweise vom Land refinanziert.

Aktuell integrieren wir uns in die Aachener Schulwelt im Hinblick auf Schulleitungskonferenzen, Treffen mit anderen Schulleitungen und dem städtischen Schulamt. Unser Wunsch ist, dass wir uns künftig noch mehr mit den anderen Schulen vernetzen und die Aachener Schullandschaft mit unserem Profil als bilinguale, internationale Schule bereichern.

Was macht Kita und Schule so besonders im Vergleich zu anderen Kindertagesstätten und Schulen?
Die Tatsache, dass wir berufstätige Eltern bestmöglich unterstützen.
Wir entlasten Eltern bei der Frühförderung in verschiedenen Bereichen, beispielsweise beim Schwimmenlernen, bei der musikalischen Früherziehung, beim Erlernen von Fremdsprachen. Das haben wir sowohl in unseren Kitas als auch in unserer Grundschule ins Curriculum integriert. Wir versuchen also, verschiedene Themen aufzufangen, bei deren Umsetzung Eltern in Zeitdruck geraten können und den Familien damit mehr gemeinsame Freizeit zu ermöglichen. In Kooperationen mit einem Tennisclub und einem Fußballverein stellen wir zudem Anbindungen an Sportvereine her, um den Kindern früh den Spaß am gemeinsamen Sport zu vermitteln.

In den Ferien findet zwar kein Unterricht statt, dafür aber eine fast durchgehende Betreuung: Wir haben nur drei Wochen in den Sommerferien sowie zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen – ansonsten werden die Kinder das ganze Jahr über betreut, beispielsweise in Sport- oder Kunstcamps. Besonders ist sicherlich auch, dass unsere Türen von sieben bis 18 Uhr geöffnet sind, sowohl für Kita- als auch für Grundschulkinder. Dadurch bieten wir den Eltern eine große Flexibilität.

Campus GmbH

Cornelius Steffen und Margot Wiß, Geschäftsführung der “Aachen International Primary School” freuen sich über den gelungenen Schulstart in den neuen Räumen.
Zudem arbeiten wir eng mit Hochschulen zusammen, die verschiedene pädagogische Inhalte wissenschaftlich evaluieren. Mit dem ELIAS-Test des Fachbereichs Anglistik der Universität zu Köln werten wir beispielsweise regelmäßig die englischen Sprachfortschritte der Vorschulkinder aus. Es bestehen zusätzlich ERASMUS-Kooperationen mit der Munster University in Cork und dem College Príncipe Felipe in Madrid. Studierende der Erziehungswissenschaften absolvieren regelmäßig in ihrem letzten Studienjahr dreimonatige Praktika in unseren Einrichtungen. Zusätzlich bieten wir mehrere duale Studienplätze in Kooperation an, unter anderem mit der Europäischen Fachhochschule sowie der IU Internationale Hochschule und bilden in all unseren Einrichtungen Erzieherinnen und Erzieher aus.
Warum ist der Campus Melaten ein guter Standort für Kita und Grundschule?
Die Kita Vincerola ist 2012 auf den Campus Melaten gekommen. Wir haben uns damals sehr gefreut, dass wir den Standort beziehen dürfen. Das war ein langer Prozess, bei dem wir viel Unterstützung erhalten haben. Für uns ist der Campus Melaten ein optimaler Standort, weil viele Eltern im UK Aachen oder in den Instituten auf dem Campus arbeiten: Fraunhofer ILT, Fraunhofer IPT oder in den Centern des RWTH Aachen Campus – um nur ein paar zu nennen. Die Eltern können ihre Kinder auf dem Weg zur Arbeit bei uns abgeben und im direkten Anschluss wieder mitnehmen, das nimmt den Zeitdruck für weite Anfahrtswege.