12. Dezember 2017

Die Softwarelösungen von PTC unterstützen die Fertigungsindustrie bei Entwicklung, Herstellung, Betrieb und Service von Produkten. Das Unternehmen ist ein immatrikuliertes Mitglied im European 4.0 Transformation Center im Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen Campus. Warum und wie sich PTC auf dem RWTH Aachen Campus engagiert, erfahren Sie in dem Interview mit Markus Hannen, Vice President, PTC.

 

Wie kam es dazu, dass sich PTC vor Ort auf dem RWTH Aachen Campus engagiert bzw. immatrikuliert?

Die Entscheidung fiel Anfang 2014. PTC erkannte, dass das Thema digitale Produktentstehung aus den eingefahrenen Strukturen der Nullerjahre des Jahrtausends herauswächst und neue Themenfelder und Ansätze an Bedeutung gewinnen. Ich nenne nur Begriffe wie Design to Target, Anforderungsorientierte Entwicklung oder neue Formen der agilen Zusammenarbeit. Das war damals alles neu. Das betraf die Arbeitsmethoden genauso wie vertriebliche Aspekte: Wir erkannten, dass Communities immer wichtiger werden, um in der zunehmenden Komplexität rund um Unternehmenssoftware Entscheidungen herbeizuführen. Es gab zu dem Zeitpunkt bereits eine enge Kooperation mit StreetScooter, Prof. Kampker und Prof. Schuh. Die Konzepte und Ziele in Aachen überzeugten uns. Es war dann eine strategische Entscheidung des Top-Managements hier zu investieren, die das gesamte Unternehmen mitgetragen hat.

 

Inwiefern leistet Ihre Mitgliedschaft im European 4.0 Transformation Center (E4TC) im Cluster Smart Logistik einen Betrag zur Umsetzung Ihrer Unternehmensstrategie?

Hier sehe ich drei Punkte: Einmal betreiben wir mit dem E4TC sehr erfolgreich industrielle Innovation in der Praxis. Das bedeutet, wir sehen früh und schnell, welche Konzepte realisierbar sind, wie sie sich auf konkrete Anwendungen auswirken, wo wir nachbessern müssen und welche Szenarien relevant sind.
Zum zweiten erleben unsere Kunden im Zusammenhang mit dem E4TC Digitale Transformation live. Bei der hohen Komplexität und Abstraktion ist das ein unschätzbarer Nutzen, da die Kunden so erst in der Lage sind, ihre eigenen Entscheidungen richtig einzuschätzen. Das dritte ist der Punkt Standardisierung. Durch den Kommunikations- und Erlebnisplatz Aachen gelingt es uns deutlich besser, unsere Kunden zu einer weitgehend einheitlichen Nutzungsweise innovativer Technologie zu motivieren. Das ist für die Robustheit und Nachhaltigkeit der Lösungskonzepte von hoher Bedeutung und schafft erst den Raum für weitere Innovation.

 

Hat sich Ihr finanzielles Engagement rentiert?

Ein direkter Kosten-Nutzen Vergleich ist naturgemäß schwer möglich, es sind die strategischen Aspekte, die den Unterschied machen. Aus dieser Sicht können wir eindeutig sagen, es hat sich rentiert. Hier geht es einmal um die gegenseitige Befruchtung, die wir in Aachen zwischen Wissenschaft, Industrie, Beratern und Software-Herstellern erleben, die einen enormen Lerneffekt auf allen Seiten auslöst. Zum anderen geht es schlicht um die Erkenntnis, dass digitale Transformation Teamwork ist und sich dabei noch dazu die Rollen der Beteiligten ständig weiterentwickeln. Das in einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu üben, ist vielleicht der wichtigste Faktor. Das merken übrigens auch unsere Kunden, wenn sie hierherkommen.

 

Gibt es neben dem langfristigen auch einen kurzfristigen Nutzen?

Sicher. Wie gesagt ist das Live-Erlebnis der innovativen Anwendung digitaler Potenziale eine wichtige Orientierungs- und Entscheidungshilfe für unsere Kunden. Dabei ist der weite Weg von Süddeutschland nach Aachen sogar ein Vorteil, da es bewirkt, dass die Besuche besser vorbereitet werden und auf der Rückfahrt das Erlebte besser verarbeitet wird. Das ist bei der Mächtigkeit der Themen nicht zu unterschätzen. Wir können hier also kurzfristig sicher von einer Beschleunigung von Entscheidungen sprechen. Auch öffnet die gute Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern manche Türe leichter, als es für uns alleine möglich wäre. Der e.GO Life ist ja zudem auch ein cooles Produkt, das die Kunden gerne studieren und testen.

 

Was ist Ihr Beitrag bei der Entwicklung des Elektrostadtautos e.GO Life?

Wir stellen den Großteil der Software-Werkzeuge für Entwicklung und Absicherung des e.GO Life. Darüber hinaus beraten wir das e.GO-Team zur geeigneten Methodik, geben Impulse, was alles möglich ist und unterstützen teilweise auch mit unseren Experten ganz operativ. Damit tragen wir signifikant dazu bei, wie aus dem Projekt e.GO ein skalierbares Industrieprodukt wird, das von der Kleinserie zum globalen Programm wachsen kann.
Der e.GO Life überzeugt auch durch eine völlig neue Form seiner Entstehung. Das wäre ohne die Leistungsfähigkeit der digitalen Systeme von PTC nicht möglich.

 

Verfolgen Sie ähnliche Modelle mit anderen Hochschulen?

Tatsächlich ist die RWTH eine einmalige Einrichtung. Das wird auch international so gesehen und unsere Kunden und Partner aus anderen Ländern und Kontinenten, allen voran Asien, verfolgen voller Bewunderung, welche Innovation hier stattfindet. Das Campus-Prinzip mit seinem Mix aus Akademia, Industrie und Digitalen Vordenkern ist einzigartig. Vergleicht man das beispielsweise mit den USA, sieht man, dass es dort zwar sehr reiche und mächtige Universitäten gibt, die konkrete Zusammenarbeit mit der Industrie ist dort allerdings weit hinterher. Natürlich haben wir auch Zusammenarbeitsmodelle mit anderen Hochschulen, die unterscheiden sich aber deutlich, insbesondere im Umfang des Investments und der Tiefe der Kooperation. Der in Aachen geprägte Begriff „Engineering Valley” hat daher durchaus seine Berechtigung, nicht nur aus deutscher Sicht, sondern international.