5. Juli 2024
Die Integration von kollaborativen Robotern (Cobots) bietet eine innovative Lösung zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung. Im Kölner Motorenwerk des Automobilherstellers Ford übernahmen Cobots im Rahmen eines Forschungsprojekts zwischen dem Institut für Getriebetechnik, Maschinendynamik und Robotik (IGMR) der RWTH Aachen und dem Motorenhersteller Aufgaben, die für Menschen mit Schulter- und Handgelenkproblemen schwer auszuführen sind und bieten gleichzeitig Assistenzfunktionen, die den gesamten Arbeitsprozess erleichtern. Beispielsweise nimmt der Cobot Magnetspulen aus Vorrichtungen und bringt sie anschließend am Motorenblock an, was hohe Eindruckkräfte erfordert und für Menschen auf Dauer belastend oder für Menschen mit motorischen Behinderungen unmöglich ist.
Das IGMR erforscht, wie kollaborative Roboter zur Inklusion von Menschen mit Behinderung beitragen können. In mehreren Projekten haben die Wissenschaftler Dr.-Ing. Nils Mandischer und Carlo Weidemann gemeinsam mit Elodie Hüsing und Prof. Mathias Hüsing innovative Konzepte entwickelt, um die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern zu verbessern und eine integrative Arbeitsumgebung zu schaffen.
Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt
Der Dienstleistungsbereich steht vor der Herausforderung, Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf aufgrund körperlicher und geistiger Einschränkungen für den allgemeinen Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Durch die Industrie 4.0 und neue Technologien erhalten diese Menschen bessere Chancen auf eine inklusive Beschäftigung. Dem bisher kaum berücksichtigten arbeitsmarktrelevanten Potential behinderter Menschen wird dadurch ein barrierefreier und inklusiver Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Durch den Einsatz von Cobots können Menschen ihre Aufgaben nicht nur effizienter erledigen, sondern auch ein höheres Maß an Selbstständigkeit und Zufriedenheit im Berufsleben erreichen. Angesichts des demographischen Wandels und der alternden Bevölkerung wird der Fachkräftemangel immer akuter. Die Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt kann einen wesentlichen Beitrag zur Linderung dieses Mangels leisten. Durch gezielte Förderung und barrierefreie Technologien kann diese Zielgruppe ihr volles Potenzial entfalten und somit den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften decken.
Die Fachhochschule des Mittelstands (FHM), das IGMR sowie die Caritas Wertarbeit in Köln haben seit 2019 in dem gemeinsamen Projekt „Next Generation“ an Mensch-Roboter-Kollaborationen geforscht und diese in zwei Werkstätten der Caritas Wertarbeit in Köln etabliert. Gegenstand des gemeinsamen Forschungsprojekts war die Zusammenarbeit von Menschen und Robotern. Die Maschine soll hierbei den Menschen nicht ersetzen, sondern die Fähigkeiten des Menschen ergänzen. Das Ergebnis zeigt, dass Cobots ein Enabler für Inklusion sind.
Ausgründung aus dem Institut
Die Wissenschaftsarbeiten am IGMR hat die beiden Forscher auf die Idee gebracht, Cobots in den Arbeitsalltag von Menschen mit Behinderung zu integrieren. Aktuell stehen Dr. Mandischer, der mittlerweile für die Universität Augsburg als Post-Doc forscht, und Weidemann mit ihrem Start-up EasyAssist Robotics (EARO) vor der Ausgründung vom Institut für Getriebetechnik, Maschinendynamik und Robotik. Der Prozess wird eng von der RWTH Aachen Innovation GmbH begleitet. Die Tochtergesellschaft der RWTH Aachen und der Uniklinik RWTH Aachen sitzt auf dem Campus Melaten und fördert und begleitet Forschende sowie Erfinderinnen und Erfinder der RWTH Aachen im gesamten Innovationsprozess, von der ersten Idee bis zur Markteinführung.
EARO ist ein praxisorientiertes Vorhaben der beiden Gründer mit einem Fokus auf Ingenieursdienstleistungen und Fördermittelberatung: Analysen, Aufgabenzuordnung, Design, Prozessoptimierung sowie Wartungs- und Gewährleistungsanforderungen. Die grundsteinlegende Ideation-Phase, in der Konzepte und Prototypen entwickelt werden, um die Machbarkeit und das Potenzial zu testen, wurde erfolgreich absolviert. Aktuell befindet sich das Start-up in der Inkubationsphase, in der die Geschäftsidee weiterentwickelt und auf ihre Markttauglichkeit geprüft wird.
Das Team hat bereits erste Prototypen in Betrieb genommen. Um die behindertengerechten Arbeitsplätze erschwinglich zu machen, verwendet EARO ein schlankes Design und Baukastensystem. Mithilfe einer Förderung zur Schaffung von inklusiven Arbeitsplätzen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) möchte das Start-up die auf die Bedürfnisse der einzelnen Unternehmen und deren Mitarbeitenden mit Behinderung maßgeschneiderte Arbeitsplätze für 37.500 € anbieten. Der Fördermittelgeber übernimmt den Hauptanteil in Höhe von 30.000 €, die Unternehmen müssen nur noch den Restbetrag über 7.500 € bezahlen. Das Projekt bietet nicht nur maßgeschneiderte Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, sondern garantiert auch deren Wartung. Das Start-up konzentriert sich auf Unternehmen aus der Produktions- und Fertigungsindustrie, die inklusive Automatisierungslösungen suchen. Mit diesen innovativen Ansätzen ebnet EARO den Weg für eine integrative und effiziente Arbeitswelt der Zukunft, die unter dem Leitspruch „Inklusion durch Innovation fördern“ steht.