17. Mai 2018
Das Center Smart Services im Cluster Smart Logistik forscht im Bereich digitaler Geschäftsmodelle und des Einsatzes von Data Analytics in der produzierenden Industrie. Was das Center genau macht und welche Vision es verfolgt, erfahren Sie in dem Interview mit Dr. Philipp Jussen, Leiter des Centers Smart Services.

Was versteht man unter Smart Services?

Smart Services sind die höchste Ausbaustufe datenbasierter Dienstleistungen. Sie zeichnen sich durch zwei Dinge aus. Zum einen spielt der Einsatz moderner Verfahren aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz oder des Machine Learning eine wesentliche Rolle, um Information und Wissen aus Daten zu generieren und beispielsweise Prognosemodelle zur Unterstützung von Entscheidungen zu entwickeln. Typische Anwendungsfälle sind Predictive Maintenance oder die Überwachung und Vorhersage der Prozessqualität in einem Produktionsprozess. Zum anderen werden Smart Services häufig auf Basis von Plattformen erbracht. Diese Plattformen bilden die technische Infrastruktur für das Angebot von Smart Services. Sie ermöglichen die digitale Kooperation in einem Ökosystem und in klassischen B2B-Branchen wie dem Maschinen- und Anlagenbau digitale Geschäftsmodelle.

Wie war Ihr Werdegang bis zum Einstieg in das Center Smart Services? Seit wann arbeiten Sie im Center Smart Services?

Ich habe an der RWTH Aachen Wirtschaftsingenieurwesen und Maschinenbau studiert. Schon während des Studiums habe ich mich für Fragestellungen rund um digitale Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit Communities interessiert. Nach dem Studium habe ich dann ein Arbeitsumfeld gesucht, welches mir erlaubt, möglichst schnell viel Verantwortung zu übernehmen und innovative, spannende Themen inhaltlich mitgestalten zu dürfen. So bin ich an das FIR e.V. an der RWTH Aachen in den Bereich Dienstleistungsmanagement gekommen. Das FIR ist ein Forschungsinstitut, welches sich mit Organisations- und Managementfragestellungen rund um das Thema Digitalisierung befasst. Ich habe dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter angefangen. Mittlerweile verantworte ich den Bereich Dienstleistungsmanagement seit drei Jahren. Im Center Smart Services war ich von der ersten Stunde, seit 2016, mit dabei und habe dieses mit aufgebaut. Seit Oktober 2017 bin ich geschäftsführend für das Center verantwortlich. In enger Zusammenarbeit mit dem FIR an der RWTH Aachen haben wir dabei unseren Smart Service Engineering Ansatz entwickelt.

Was begeistert Sie an der Arbeit im Center Smart Services?

Wir hatten das große Glück, schon relativ früh die Entwicklungen der Digitalisierung, die Auswirkungen und Möglichkeiten für produzierende Unternehmen erforschen und mitgestalten zu dürfen. Heute können wir davon eine ganze Menge an die Unternehmen weitergeben und erhalten dafür täglich ein tolles Feedback. Sozusagen als Gratis-Dankeschön für uns erhalten wir von den Unternehmen immer wieder neue knifflige Fragestellungen, auf die wir uns dann mit Begeisterung stürzen. So wurde uns beispielsweise bereits relativ früh klar, dass Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau einen vollkommen neuen Entwicklungsansatz für ihr digitales Business brauchen. Die Kernfrage hierbei war, wie wir es schaffen, in einem für Maschinen- und Anlagenbauer meist unbekannten Geschäft trotzdem zügig einen Markterfolg zu erzielen. Die Antwort darauf ist unser Smart Service Engineering Ansatz. Dieser setzt auf ein agiles Vorgehen mit frühzeitigem Ausprobieren und somit schnellen Lerneffekten. Unternehmen, die mit diesem Ansatz arbeiten, sind bis zu sechsmal schneller am Markt als mit konventionellen Entwicklungsansätzen. Die schnellen Erfolge haben dann wiederum einen großartigen Effekt auf die Motivation der beteiligten Kollegen in den Unternehmen und diese Begeisterung breitet sich dann aus. Nur durch diese Erfolge kann der Aufbau eines nachhaltigen digitalen Geschäfts oder sogar die digitale Transformation ganzer Unternehmensbereiche gelingen. Auch wenn wir uns im Themenfeld der Digitalisierung bewegen, ist die Zusammenarbeit mit Menschen, die eine Begeisterung und Neugier für ein Thema teilen, am Ende der entscheidende Faktor.

Das klingt nach Unternehmensberatung, oder gibt es einen Unterschied zwischen klassischen Unternehmensberatungen und dem Center Smart Services?

Selbstverständlich unterstützen wir Unternehmen auch in bilateralen Beratungsprojekten. Das Herzstück des Centers sind aber konsortiale, durch mehrere Unternehmen finanzierte Projekte. Wir bearbeiten dabei komplexe Fragestellungen gemeinsam mit den Unternehmen und haben Dank der einzigartigen Infrastruktur im Cluster Smart Logistik die Option, diese Projekte sowohl bis zum Konzept, wie es bei Unternehmensberatungen üblich ist, als auch bis zur Marktreife zu begleiten. Wir verstehen uns eigentlich eher als Betreiber und Organisator eines Netzwerks, das seine Mitglieder über Jahre begleitet und unterstützt sowie für eine nachhaltige Etablierung digitaler Geschäftsmodelle sorgt.

Haben Sie sich hier auf eine spezielle Branche spezialisiert?

Jein. Sicherlich ist unser Modell vielfältig einsetzbar, jedoch liegt unsere Expertise im Bereich der produzierenden Industrieunternehmen. Das zeigt auch ganz eindeutig die Zusammensetzung unserer Community. Hier gibt es Unternehmen aus dem Anlagenbau, der Medizintechnik, der Lasertechnik, Softwareunternehmen, Datenanalyseunternehmen, Logistikspezialisten, Landmaschinenhersteller und viele unterschiedliche mehr.

Was sind Ihre künftigen Ziele für das Center Smart Services?

Unser übergeordnetes Ziel ist, einen messbaren Mehrwert für die produzierende Industrie zu schaffen. Dazu ist es notwendig, dass produzierende Unternehmen in hoher Frequenz noch schneller digitale Angebote an den Markt bringen können. Wir werden zukünftig, gemeinsam mit unseren Mitgliedern, einen noch größeren Fokus auf die Umsetzung digitaler Leistungsangebote legen, um Unternehmen hier einen Geschwindigkeitsvorteil bieten zu können.